Wie Ansprechpersonen aus der Gemeinschaft Leben retten
In den Bergen der Provinz Nord-Kivu liegt das Dorf Kilonge, dessen Name im lokalen Dialekt "Bambus" bedeutet. Bis 2023 betrug die Einwohnerzahl Kilonges 10 570 Menschen. Doch seither ist es ein Zufluchtsort für weitere 6 000 Menschen geworden, die vor bewaffneten Konflikten in der Provinz fliehen mussten. Die kleine Gesundheitseinrichtung von Kilonge war bald überfordert, da sie den Bedürfnissen der Vertriebenen nicht gerecht werden konnte. Die Unterernährungsraten stiegen immer weiter an. Kinder unter 5 Jahren waren zuerst betroffen.
Imani, eine Mutter von fünf Kindern, erinnert sich noch gut daran: "Wir hatten solche Angst, auf unser Feld zu gehen, als der Konflikt begann. Bewaffnete Leute haben unsere Ernte geplündert. Unsere Getreidevorräte und die Qualität unserer Lebensmittel nahmen drastisch ab. Meine Kinder verloren jeden Tag an Gewicht. Ich hatte keine Ahnung, dass das daran lag, dass wir nicht richtig gegessen hatten. Ich dachte, jemand hätte sie vergiftet oder eine Hexe hätte sie mit einem Zauber belegt.”
Der gewaltsame Konflikt hinderte die Gemeinschaften daran, ihre Felder wie gewohnt zu bestellen. Ihre wirtschaftliche Lage verschlechterte sich und die Menschen hungerten aufgrund des Mangels an Lebensmitteln. Medair ist seit 2021 in Kilonge tätig und unterstützt die ambulante Ernährungsstation des lokalen Gesundheitszentrums. Im September 2023 konnte Medair dank der finanziellen Unterstützung des Humanitären Fonds der DR Kongo die Ernährungsarbeit auf weitere Gemeinden in Nord-Kivu ausweiten.
Zu Beginn des Projekts wurde eine umfangreiche Screening-Kampagne ins Leben gerufen, um die unterernährten Kinder unter 5 Jahren im Dorf ausfindig zu machen. Dafür schulte Medair, mit Unterstützung der regionalen Gesundheitsbehörden, mehrere Ansprechpersonen aus der Gemeinschaft in der Untersuchung auf Unterernährung. Ihre Aufgabe war es, von Haushalt zu Haushalt zu gehen, Kinder auf Unterernährung zu untersuchen und schwere Fälle an die Gesundheitseinrichtung zu überweisen. Viele Kinder erhielten so rechtzeitig eine lebensrettende Behandlung.
Mapendo, 33, erzählt uns von ihren Erfahrungen als geschulte Ansprechperson: "Als Gemeindemitglied fühle ich mich für den Schutz der Menschen in unserem Dorf verantwortlich. Vor allem für unsere Kinder, weil sie unsere Hoffnung für die Zukunft sind. Als Kontaktperson nehmen wir an den Medair-Schulungen teil und geben dann das Gelernte an unsere Nachbarn weiter. Unterernährung war hier in Kilonge eine echte Herausforderung, aber jetzt wissen wir, wie wir unsere Essgewohnheiten ändern können. Das hat unseren Gesundheitszustand insgesamt verbessert. Ich nehme oft an den Screening-Kampagnen teil, und nehme meine Rolle als Hüterin der Gesundheit unserer Kinder sehr ernst. Ich glaube, dass es zu unserer Verantwortung gehört, dafür zu sorgen, dass die Familien wissen, welche Ernährungs- und Essgewohnheiten sicher sind.”
Dank der Bemühungen der Ansprechpersonen in Kilonge konnte Imani eines ihrer Kinder in die Ernährungsstation schicken. "Ich dachte, jemand hätte meine Kinder verzaubert, bevor Medair eintraf. Die Frau kam zu uns nach Hause und untersuchte sie auf Unterernährung. Sie meinte, dass ich meinen Jüngsten dringend in die Medair-Gesundheitsstation bringen müsse. Als wir dort ankamen, sagte man mir, dass mein Sohn an schwerer akuter Unterernährung litt. Nachdem er geheilt war, bat mich das Team, regelmässig an Treffen mit anderen Müttern teilzunehmen. Durch Vorführungen lernen wir etwas über gesunde Ernährungsgewohnheiten und Rezepte. Seitdem ist es mir gelungen, Unterernährung in meiner Familie zu verhindern und meine Kinder zu schützen. Sie werden nie wieder mangelernährt sein.”
Die Zusammenarbeit mit geschulten Ansprechpersonen aus den Gemeinschaften hat sich als effektives Mittel erwiesen, um Unterernährungsraten zu verringern. Medair kann dadurch mehr Betroffene behandeln, Gemeinschaften werden in ihrer Eigenverantwortung gefördert und das angeeignete Wissen bleibt in der Gemeinschaft.
Zwischen 2023-2024 konnte Medair im Rahmen des Ernährungsprogramms in Kilonge insgesamt 1 573 unterernährte Kinder unter fünf Jahren behandeln. Die grosszügige Unterstützung des Humanitären Fonds der DR Kongo ermöglichte 350 Kindern davon eine Behandlung. Die Einbindung und Unterstützung der Ansprechpersonen aus der Gemeinschaft während des gesamten Projekts hat es Medair zudem ermöglicht, seine Aktivitäten in der Region auszuweiten.