Notfallmedizinische Versorgung sollte kein Privileg sein

«Im Winter wird die Situation unerträglich. Zwar dringt kein Wasser in den Wohnwagen ein, aber es ist trotzdem extrem kalt. Selbst wenn wir Holzkohle in einem Eimer anzünden, hat das wenig Wirkung, vor allem nachts. Meine Kinder sind wegen der Kälte ständig krank», erklärt Noor.
Noor und ihr Mann Ra'ad sind aufgrund des Konflikts aus ihrer Heimat Syrien geflohen sind, um für sich und ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Seit ihrer Ankunft in Jordanien hat die Familie zahlreiche Entbehrungen auf sich genommen. Sie hatten Schwierigkeiten, den Schultransport für ihre Kinder zu bezahlen und waren nicht in der Lage, die Miete zu zahlen, was schliesslich zu ihrer Zwangsräumung führte. Ihr Eigentum wurde vom Vermieter beschlagnahmt, bis sie die aufgelaufene Miete bezahlen konnten. Die Familie sah sich daraufhin gezwungen, ihre Besitztümer zu verkaufen. «Ich musste unseren Kühlschrank, unsere Waschmaschine, Gasflaschen und andere Gegenstände verkaufen, um einen Teil der Miete zu bezahlen», so Ra'ad.
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Ein schwerer Schicksalsschlag traf die Familie, als Noor mit ihrer jüngsten Tochter im siebten Monat schwanger war. «Ich musste weiterhin arbeiten, um meine Kinder wenigstens mit Brot und Tomaten ernähren zu können», so Noor. Während sie einen schweren Korb mit Tomaten trug, erlitt sie starke Schmerzen und blutete. Da sie die Transportkosten nicht aufbringen konnte, war Noor nicht in der Lage, sofort ins Krankenhaus zu gehen, und verschob ihren Besuch trotz der Blutung dreimal. Als sich die Blutungen verschlimmerten, wurde sie schliesslich ins Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte teilten ihr mit, dass sie das Kind sofort per Notkaiserschnitt zur Welt bringen müsse. Die Verzögerung bei der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe hatte schwerwiegende Folgen für Noor. Ihre Gebärmutter musste entfernt werden, und das Frühgeborene musste sechs Tage auf der Neugeborenen-Intensivstation bleiben.
Finanzielle Engpässe sind für Flüchtlinge in Jordanien das grösste Hindernis für den Zugang zur Gesundheitsversorgung. Obwohl registrierte Flüchtlinge subventionierte Tarife erhalten, sind die Kosten für Behandlung und Transport immer noch zu hoch. Diese Erfahrung hat auch Ra'ad gemacht. Die Krankenhauskosten haben ihn stark belastet: «Ich habe dem Krankenhauspersonal gesagt, dass sie mich dort behalten sollen, weil ich mir die Gebühren nicht leisten kann, denn sie betrugen mehr als 600 JD, ein Betrag, den ich niemals aufbringen könnte. Ich hatte keine Lösung. Sie weigerten sich, mir eine Geburtsanzeige für meine Tochter auszustellen, weil ich nicht gezahlt hatte.»
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Medair konnte Ra'ad einen Teil der Last von den Schultern nehmen. «Wenn ihr nicht eingegriffen hättet, wäre es eine Katastrophe gewesen, denn ich habe bereits Schulden bei einigen Leuten. Können Sie sich meine Situation vorstellen, wenn Medair nicht für die Krankenhauskosten aufgekommen wäre?» sagte Ra'ad. «Nachdem Medair die Rechnung bezahlt hatte, stellte mir das Krankenhaus eine Geburtsanzeige aus, und ich konnte die Geburtsurkunde ausstellen. Noor fügt hinzu: «Wenn Medair nicht gewesen wäre, hätten wir bis jetzt nicht zahlen können, und mein Baby wäre für immer unregistriert geblieben. Ich war überglücklich, denn ich bin unter der Last fast zerbrochen. Die Hilfe kam genau zum richtigen Zeitpunkt, als wir sie am meisten brauchten.»
Zusätzlich zur finanziellen Unterstützung, bekam die Familie auch Hausbesuche von einem freiwilligen Medair-Mitarbeiter. Dabei wurde Noor über die Wichtigkeit des Stillens und gesunde Ernährungspraktiken für Mutter und Kind informiert. «Mein Baby wog bei der Geburt nur ein Kilogramm, und ich hatte nicht damit gerechnet, dass es überleben würde. Die freiwilligen Gesundheitshelfer von Medair kamen und zeigten mir, wie ich stillen und mein Baby versorgen kann. Sie halfen mir auch, Anämie bei Müttern und Kindern zu verstehen, und brachten mir bei, wie ich meine Gesundheit und die meiner Kinder durch richtige Ernährung so gut wie möglich erhalten kann», sagt Noor.
Ra'ad, der Alleinversorger seiner Familie, ist auf Saisonarbeit angewiesen. Zurzeit ist er jedoch arbeitslos, weil seine landwirtschaftliche Genehmigung abgelaufen ist. Dies hat die Familie in eine schwere finanzielle Notlage gebracht.
Das Gesundheitsteam von Medair erkannte die dringenden Bedürfnisse der Familie und überwies Ra'ad an das Team für Bargeldhilfe. Ra’ad wurde in Einzelgesprächen gezielt beraten und bekam finanzielle Unterstützung. Mit dem von Medair zur Verfügung gestellten Bargeld war es der Familie möglich, lebenswichtige Dinge wie Nahrungsmittel zu kaufen und die Miete zu bezahlen. Ausserdem wurden sie angeleitet, wie sie das Geld am besten verwalten können, um den Nutzen für ihre Familie zu maximieren.
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«Unsere Mahlzeiten bestehen meist aus Tomaten und Brot, da wir die Tomaten vom Bauernhof holen können. Keines unserer Kinder geht zur Schule, weil wir uns den Transport nicht leisten können», sagt Noor.
Um der Familie weiter zu helfen, verwies das Medair-Team sie an eine andere Organisation, die sie bei der Beförderung zur Schule unterstützen konnte, damit ihre Kinder wieder in die Schule gehen und ihre Ausbildung fortsetzen konnten. Durch den Medair-Einsatz erhielten Ra'ad und Noor die Unterstützung, die sie brauchten, um einige ihrer Schwierigkeiten zu überwinden.
Die Bargeldhilfe für Gesundheitsdienste von Medair unterstützt bedürftige Mütter, indem sie ihnen den Zugang zu sicheren Entbindungen ermöglicht. In Verbindung mit Aufklärungskursen über wichtige Ernährungs- und Pflegepraktiken für Neugeborene zielt diese Massnahme darauf ab, die Gesundheit von Müttern und Kindern während der Schwangerschaft und in der Zeit nach der Geburt sicherzustellen. Im Jahr 2024 unterstützte Medair 2 631 Mütter während der Schwangerschaft und bei der Entbindung und klärte 47 000 Menschen über reproduktive Gesundheitsthemen auf.
Mit Unterstützung der Europäischen Union hilft Medair hilfsbedürftigen Flüchtlingen, die Hindernisse beim Zugang zu medizinischer Versorgung und Notfallbehandlung zu überwinden
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