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Sicher gebären in einem fragilen Land: Die Stärke und Kraft einer jungen Mutter

May 8, 2025
von Medair
Südsudan
In vielen Teilen der Welt ist eine sichere Geburt etwas Selbstverständliches. Doch in abgelegenen und krisengeschüttelten Gebieten wie dem Landkreis Leer im Südsudan kann es bei der Geburt eines Kindes um Leben und Tod gehen.

An diesem Muttertag ehren wir die aussergewöhnliche Kraft von Müttern wie Nyabang, die ihre Tochter Nyadeng in unserer Entbindungsklinik in Leer zur Welt brachte - einer der wenigen Gesundheitseinrichtungen, die in dieser Region sichere Entbindungen anbieten.

Nyabangs Geschichte macht deutlich, warum die Unterstützung der Gesundheitsversorgung von Müttern und Kindern im Südsudan nicht nur wichtig, sondern auch sehr dringlich ist.

«Als ich sie schreien hörte, war ich überglücklich»

Wir treffen Nyabang auf der Entbindungsstation. Im Arm liegt ihre neugeborene Tochter und auf ihrem Gesicht ein Ausdruck stiller Freude.

«Ich habe jetzt zwei Kinder», erzählt sie uns. «Diese Schwangerschaft verlief ohne Komplikationen, aber eine Geburt zu Hause ist immer riskant. Dieses Mal kam ich in die Medair-Klinik. Ich wurde genau überwacht. Die Hebamme brachte mich zum richtigen Zeitpunkt auf die Geburtsstation. Ich wurde gut behandelt und erhielt Schmerzmittel. Und als ich mein Baby zum ersten Mal schreien hörte, war ich überglücklich.»

Nyabang nannte ihre Tochter Nyadeng und träumt bereits von einer besseren Zukunft für sie. «Ich hoffe, dass sie eines Tages Ärztin wird. Ich hoffe, sie kann unserer Gemeinschaft dienen, so wie Sie es tun.»

Nyadeng kam im März 2025 in der Medair-Entbindungsklinik in Leer ohne Komplikationen zur Welt. ©Medair/Stefan Kewitz

Vom Konflikt vertrieben, kämpfen sie um ihr Überleben

Wie das Leben vieler Familien im Südsudan ist auch das von Nyabang von Gewalt und Not geprägt. Während des Konflikts wurde ihre Gemeinschaft angegriffen. Bewaffnete Gruppen plünderten ihr Vieh - eine wichtige Nahrungs- und Einkommensquelle – und zerstörten ihr Haus.

«Früher hatten wir Vieh», sagt sie, «aber es wurde uns gestohlen, als unsere Feinde angriffen. Wir rannten um unser Leben. Als wir zurückkamen, war alles weg - unser Haus, unsere Tiere, alles.»

Für sich und ihre Kinder genügend Nahrung zu finden ist eine tägliche Herausforderung. «Wir bauen an, was wir können, aber die immer wiederkehrenden Überschwemmungen während der Regenzeit zerstören die Ernte. Wir sind auf Lebensmittel von UN-Organisationen angewiesen, aber das reicht nicht aus.»

Und doch lächelt sie. Denn heute ist ihre Tochter am Leben - und sie selbst auch.

Saisonale Überschwemmungen zerstören das Wenige, das die lokale Bevölkerung anzubauen versucht, und führen zu Ernährungsunsicherheit für die Menschen in Leer. ©Medair/Stefan Kewitz

Wieso Hilfeleistungen für Mütter so wichtig sind

In einem so abgelegenen Ort wie Leer kann selbst eine normale Schwangerschaft gefährlich werden. Viele Mütter leben Stunden von jeglicher Gesundheitseinrichtung entfernt und legen oft lange Strecken zu Fuss zurück. Die Strassen sind schlecht, die Transportmöglichkeiten sind begrenzt, und während der Regenzeit sind viele Gebiete völlig unzugänglich.

«Für mich dauert der Weg hierher 30 Minuten», sagt Nyabang. «Aber die nächstgelegene Klinik ist drei Stunden Fussmarsch entfernt. Das ist zu weit für eine schwangere Frau. Wenn auf dem Weg etwas schief geht, überlebt man vielleicht nicht.»

Aus diesem Grund ist die Medair-Entbindungsklinik in Leer so wichtig. Sie bietet vor- und nachgeburtliche Betreuung, fachkundige Unterstützung bei der Entbindung und Überweisungen für Notfälle - und das alles in einer sauberen, respektvollen und hilfsbereiten Umgebung.

«Im Vergleich zu meiner ersten Geburt zu Hause war diese Geburt viel besser», sagt sie. «Die Betreuung, die ich erhielt, war ausgezeichnet. Ich bin glücklich, und ich weiss, dass ich hierher zurückkehren kann, wenn mir oder dem Baby etwas zustösst.»

Nyabang fühlt sich sicher und ist dankbar für die kostenlose Behandlung in der Entbindungsklinik von Medair. Soeben misst die Hebamme ihren Blutdruck © Medair/Stefan Kewitz

«Ich freue mich, wenn es dem Baby gut geht» - Hebamme Anne

Hinter jeder sicheren Geburt steht eine engagierte Gesundheitshelferin. Anne, eine Hebamme in der Medair-Klinik, betreut seit zwei Jahren Mütter in Leer. Da sie selbst Mutter von drei Kindern ist, weiss sie, wie wichtig eine qualifizierte Betreuung ist.

Für Hebamme Anne geht es vor allem darum, ihrer Gemeinschaft zu dienen. Sie ist froh, dass die Geburt gut verlaufen ist und Nyadeng einen sicheren Start in ihr Leben hat. © Medair/Stefan Kewitz

«Wenn ich eine Entbindung begleite, sehe ich, wie wichtig meine Arbeit ist», sagt Anne. «Hier in Leer gibt es viele Komplikationen - Blutungen, Bluthochdruck, sogar Fehlgeburten. Während der Schwangerschaft kann vieles schief gehen. Aber wenn Mütter hierher kommen, können wir ihnen helfen. Ich fühle mich gut, wenn ich weiss, dass es dem Baby gut geht.»

Anne und ihr Team bieten eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. «Wir unterstützen die Mütter von Anfang an - während der Schwangerschaft, während der Geburt und nach der Geburt. Wenn es sich um einen schweren Fall handelt, den wir nicht behandeln können, überweisen wir ihn an eine andere Klinik in Leer. Aber ohne diese Klinik müssten die Mütter weit laufen. Das ist ein erhebliches Risiko. Es könnte sein, dass sie unterwegs entbinden, ohne Hilfe.»

Sie hält inne und fügt hinzu: «Wenn diese Einrichtung geschlossen wird, ist das ein gres Problem. Bitte unterstützen Sie uns weiterhin.»

Hebamme Anne zeigt Nyabang, wie man mit der richtigen Technik stillt. ©Medair/Stefan Kewitz

Der drohende Verlust der Gesundheitsdienste  

Die Entbindungsstation von Medair in Leer ist aufgrund von Mittelkürzungen gefährdet. Ohne die dringende Unterstützung von Spenderinnen und Spendern könnte diese Klinik - und andere wie sie - gezwungen sein, ihre Leistungen zu reduzieren oder gar ganz zu schliessen.

Für Mütter wie Nyabang wären die Folgen verheerend.

«Wenn es diese Klinik nicht gäbe, würden viele Mütter leiden», sagt Nyabang. «Die Frauen würden allein oder auf der Strasse entbinden. Einige würden vielleicht nicht überleben. Danke, dass Sie hierher gekommen sind und uns unterstützen. Wir brauchen Sie.»

An diesem Muttertag können Sie helfen

An diesem Muttertag laden wir Sie ein, sich mit uns an die Seite der resilienten Mütter im Südsudan zu stellen. Mit Ihrer Spende können Sie dazu beitragen, dass unsere Klinik geöffnet bleibt - damit Mütter wie Nyabang ihre Babys sicher, in Würde und mit Hoffnung auf die Zukunft zur Welt bringen können.

Denn keine Frau sollte allein entbinden.
Weil jedes Kind einen sicheren Start verdient.
Weil Mütter wie Nyabang auf uns zählen.

Spenden Sie jetzt, um Mütter und Babys im Südsudan zu schützen.

Nyabang ist voller Freude, als sie ihre Tochter Nyadeng nur wenige Stunden nach der Geburt in der Medair-Entbindungsstation in Leer im Arm hält. ©Medair/Stefan Kewitz
Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.
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