Drei Jahre nach dem Regimewechsel
Drei Jahre ist es her, dass eine neue Flagge über dem Präsidentenpalast in Kabul, Afghanistan, gehisst wurde. Medair reagiert weiterhin auf die kritische humanitäre Lage, wie schon seit fast drei Jahrzehnten, unabhängig davon, wer das Land regiert. Denn unser Schwerpunkt liegt stets auf der Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Vulnerabelsten. Die alltägliche Sicherheit hat sich für Millionen von Menschen verbessert, was den Zugang für humanitäre Hilfe erleichtert, doch, die afghanische Bevölkerung hat weiterhin mit enormen Herausforderungen zu kämpfen.1
Zu den grössten Herausforderungen gehören die Wirtschaftskrise, die Auswirkungen der Klimaveränderung, die Überreste des jahrzehntelangen Konflikts, die tief verwurzelte Armut, die hohe Arbeitslosigkeit, die unsichere Ernährungslage und das fragile Gesundheitssystem. Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) werden im Jahr 2024 mehr als 23,7 Millionen Menschen in Afghanistan humanitäre Hilfe benötigen, davon 25 Prozent Frauen und 52 Prozent Kinder. Aufgrund des fragilen Gesundheitssystems des Landes benötigen 17,9 Millionen Menschen eine medizinische Versorgung.
Die Ernährungssicherheit ist nach wie vor prekär und abhängig von saisonalen Wirtschafts- und Klimaschocks. 2 Mehr als ein Drittel der afghanischen Bevölkerung, 14,2 Millionen Menschen, sind von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen, was in der Integrierten Ernährungssicherheitsklassifizierung (IPC) der Phase 3+ entspricht. Davon sind 2,9 Millionen Menschen von einer Ernährungsunsicherheit der Phase 4 betroffen.3
Afghanistan steht zudem auf Platz 7 der Länder, die am stärksten durch den Klimawandel gefährdet sind.4 Die Weltbank geht davon aus, dass die globale Erwärmung in Afghanistan zu einem höheren Temperaturanstieg als im weltweiten Durchschnitt führen wird. Seit 1950 sind die Temperaturen in Afghanistan um 1,8 Grad Celcius gestiegen, verglichen mit dem globalen Durchschnitt von 1,5 Grad Celcius.5 Dies hat zu anhaltender Dürre, Bodendegradation und Naturkatastrophen wie Lawinen, Sturzfluten und Erdrutschen geführt, die auf verstärkte Regenfälle in trockenen Gebieten zurückzuführen sind.
Darüber hinaus rechnet das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) bis 2024 mit einem kontinuierlichen Rückgang des Pro-Kopf-Einkommens. Berechnungen zufolge wird das reale BIP-Wachstum 2024 0,4 Prozent betragen, bei einem Bevölkerungsanstieg von über 2,7 Prozent. 6 Das Pro-Kopf-BIP wird voraussichtlich von 512 US-Dollar im Jahr 2020 auf 345 US-Dollar im Jahr 2024 sinken. 7
Das unermüdliche Engagement von Medair: Lebensrettende Hilfe in den entlegensten Regionen Afghanistans
Trotz der komplexen Krise und der anhaltenden Herausforderungen leistet Medair in Afghanistan weiterhin unermüdlich lebensrettende humanitäre Hilfe durch integrierte und sektorübergreifende Initiativen, einschliesslich Gesundheits- und Ernährungshilfe. Medair sorgt dafür, dass die Bevölkerung Zugang zu sauberem Trinkwasser hat, und hilft, die Ernährung der bedürftigen Haushalte zu sichern.
Tahmina, Mitarbeiterin bei Medair, arbeitet in abgelegenen Dörfern im zentralen Hochland. Trotz der Beschränkungen können weibliche Mitarbeiterinnen wie sie weiterhin im Gesundheitswesen tätig sein, wie Tahmina erklärt: «Trotz der zahlreichen Herausforderungen in Afghanistan geht Medair die Extrameile, um Orte zu erreichen, an denen man die Spuren vieler Hilfsorganisationen nicht findet.»
Allein im Jahr 2023 profitierten 279 082 Menschen im südlichen und zentralen Hochland Afghanistans von den Hilfsmassnahmen Medairs. Zohal, eine Frau, die von Medair betreut wurde, berichtete uns: «Die nächste Klinik in dieser Gegend ist fünf Stunden von unserem Wohnort entfernt. Medair-Mitarbeiter kamen in unsere Gemeinde, und ich besuchte diese Klinik kurz nach Setaras Geburt. Ich weiss, dass es wichtig ist, in die Klinik zu kommen. Ich sehe, dass sich diese Ärzte gut um mich und meine Tochter kümmern. Das gibt mir ein sehr gutes Gefühl.»
Welttag der humanitären Hilfe: Erneuertes Engagement für die Krise in Afghanistan
Am 19. August 2024 wird der Welttag der humanitären Hilfe begangen. Anlässlich dazu ruft Medair die internationale Gemeinschaft auf, die Menschen in Afghanistan in ihrer Not nicht zu vergessen. Trotz der Verschiebung der globalen Prioritäten bleibt die humanitäre Krise in Afghanistan ernst. Millionen Afghaninnen und Afghaninnen sind nach wie vor mit extremer Not konfrontiert, unter anderem mit Ernährungsunsicherheit, eingeschränktem Zugang zur Gesundheitsversorgung und den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die internationale Gemeinschaft ihre Unterstützung und Solidarität aufrechterhält und wichtige Hilfe und Ressourcen bereitstellt, um das Leid der afghanischen Bevölkerung zu lindern. Die laufenden Anstrengungen von Medair zeigen, dass selbst kleine Beiträge das Leben der am stärksten betroffenen Menschen entscheidend verbessern können.
Bitte unterstützen Sie auch weiterhin die Arbeit von Medair in Afghanistan.
Für die in diesem Artikel genannten Personen werden Pseudonyme verwendet.
2. Afghanistan Humanitarian Response Plan - 2024
4. University of Notre Dame Rankings
5. Climate Diplomacy - Climate-Fragility Risk Brief: Afghanistan
6. World Bank Group – Afghanistan Overview
7. UNDP – Afghanistan Socio-Economic Outlook